TIR enttäuscht: Ständeratskommission spricht sich gegen ein Importverbot für tierquälerisch erzeugte Produkte aus.
In der vergangenen Woche hat die Kommission für Wirtschaft, Bildung und Kultur des Ständerats (WBK-S) ihrem Rat empfohlen, die Motion von Nationalrat Matthias Aebischer (SP/BE) für ein generelles Importverbot für tierquälerisch erzeugte Produkte abzulehnen. Der Nationalrat hatte dem Vorstoss Mitte des Jahres zugestimmt. Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) ist enttäuscht über die Haltung der Kommission und hofft auf einen gegenteiligen Entscheid des Ständerats
20.10.2017
Mit 9 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung empfiehlt die Kommission des Ständerats die Ablehnung der Motion von Nationalrat Matthias Aebischer für ein Importverbot für tierquälerisch erzeugte Produkte. Zwar zeigt die Mehrheit der Kommission ein gewisses Verständnis für den tierschützerischen Grundgedanken des Anliegens. Dennoch hält sie die Konsequenzen eines entsprechenden Importverbots für die betroffenen Branchen für zu schwerwiegend. Unklar ist nach Ansicht der Kommission zudem, ob eine solche Regelung das Wohl der Tiere massgeblich verbessern würde. Im Übrigen erachtet sie die Überwachung der Produktionsmethoden im Ausland sowie des Imports als weder realisierbar noch zweckmässig.
Die Kommission regt an, im Bereich der Deklarationspflicht anzusetzen. Gemäss einem von ihr eingereichten Postulat soll der Bundesrat beauftragt werden, einen Bericht darüber vorzulegen, wie die Pflicht zur Deklaration der nicht den Schweizer Normen entsprechenden Herstellungsmethoden von Nahrungsmitteln verstärkt werden könnte.
Die TIR bedauert den Entscheid der Ständeratskommission zutiefst. Er zeigt ein erhebliches Defizit im schweizerischen Tierschutzrecht in aller Deutlichkeit auf: Allein aus wirtschaftlichen Gründen dürfen Produkte, die mittels hierzulande verbotener und als tierquälerisch eingestufter Praktiken erzeugt werden, ungehindert importiert werden. Eine Deklarationspflicht greift zu kurz, weil sie nicht verhindert, dass weiterhin tierquälerisch erzeugte Produkte in der Schweiz verkauft werden.
Was in der Schweiz mit Rücksicht auf das Wohlergehen und die Würde von Tieren nicht praktiziert werden darf, darf aus ethischen Gründen konsequenterweise erst recht nicht im Ausland in Auftrag gegeben und importiert werden. Es geht dabei nicht um eine Bevormundung von Konsumentinnen und Konsumenten, sondern um die Verhinderung der Unterstützung von Tierquälerei durch eine schweizerische Nachfrage. Der Konsumentenschaft wäre vielmehr gedient, wenn nur Produkte auf den schweizerischen Markt gelangen würden, die einen gewissen Standard erreichen. Dieser Standard muss beim Konsens der Bevölkerung ansetzen, welche Herstellungsmethoden als ethisch vertretbar gelten. Die Entscheidung der WBK-S hingegen offenbart eine nicht tolerierbare Doppelmoral.
Das von der Kommission eingereichte Postulat schränkt im Weiteren den
Anwendungsbereich auf tierische Produkte im Nahrungsmittelsektor ein. Allerdings werden auch tierquälerisch gewonnene Produkte aus anderen Bereichen importiert, so beispielsweise Daunenerzeugnisse aus Lebendrupf,
Reptilienhäute für die Uhren- und Luxusindustrie oder Pelz- und
Fellwaren im Bekleidungs- und Dekorationssektor. Pelzerzeugnisse
verschiedener Tierarten müssen zwar seit 2014 in der Schweiz deklariert
werden. Die Deklarationspflicht trägt aufgrund ihrer Ausgestaltung
jedoch kaum zu mehr Transparenz bei, vielmehr ist sie irreführend und
wirkt sich in der Praxis mitunter als eine Art "Label" aus. Sie hat denn
auch nicht zur erhofften Senkung der Importzahlen geführt.
Importverbote
sind immer auf ihre Vereinbarkeit mit den internationalen
Handelsbestimmungen zu prüfen. In Bezug auf tierquälerisch erzeugte
Pelzwaren hat eine rechtliche Analyse der TIR ergeben, dass
entsprechende Handelsbeschränkungen sowohl mit den Regeln der WTO als
auch mit sämtlichen weiteren Verpflichtungen der Schweiz gegenüber
Handelspartnern vereinbar ist. Das entsprechende Rechtsgutachten wurde
den zuständigen Ämtern, so etwa dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit
und Veterinärwesen (BLV) und dem Staatssekretariat für Wirtschaft
(SECO) sowie weiteren Entscheidungsträgern zur Kenntnis zugestellt.
Die
Schweiz könnte mit solch einem Importverbot ein starkes Zeichen setzen.
Der Ständerat hat im kommenden Dezember die Gelegenheit, die richtigen
Konsequenzen zu ziehen und einen zukunftsweisenden Entscheid zu treffen.
Die TIR wird sich auch im Rahmen der Alliance Animale Suisse weiterhin
dafür stark machen, dass tierquälerisch erzeugte Produkte nicht mehr in die Schweiz
importiert werden dürfen.