TIR-Kalender 2020 – Tierschutzrechtliche Frage im Mai
Der beliebte TIR-Kalender 2020 enthält nicht nur wunderbare Tierfotos, sondern beantwortet auch jeden Monat eine Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Mensch-Tier-Beziehung. Der Mai beschäftigt sich mit der Frage, ob das Aussetzen von Tieren strafbar ist.
05.05.2020
"Meine Exfrau ist vor Kurzem ins Ausland ausgewandert. Da sie ihren Hund angeblich nicht mitnehmen kann, hat sie ihn vor dem Tierheim unserer Region angebunden und zurückgelassen. Hat sie sich dadurch nicht strafbar gemacht?"
Antwort von TIR:
Das Aussetzen von Tieren ist klar verboten und gilt laut Schweizer Tierschutzgesetz als Tierquälerei. Im Rechtssinne bedeutet Aussetzen, dass man ein Tier aus seinem geschützten Umfeld an einen anderen Ort bringt und dort sich selbst überlässt, um sich seiner zu entledigen. Der Täter nimmt damit in Kauf, dass das Tier in eine Situation gebracht wird, die sein Wohlergehen gefährden könnte. Dass ihm tatsächlich etwas zustösst, ist hingegen nicht erforderlich. So ist es beispielsweise bereits strafbar, ein Tier vor einem Tierheim zu deponieren, selbst wenn dies in der Hoffnung geschieht, dass es dort bald gefunden und aufgenommen wird. Entscheidend für die rechtliche Einstufung einer Handlung als Aussetzen ist somit die Absicht, das Tier loszuwerden.
Dem Aussetzen gleichgestellt wird übrigens das Zurücklassen von Tieren in Räumlichkeiten (Wohnungen, Büros, Ställe etc.), in die man nicht mehr zurückkehrt, was vor allem mit Katzen, aber auch mit Reptilien sowie Kleintieren wie Nagern oder Kaninchen geschieht.
Wie sämtliche Verstösse gegen die Tierschutzgesetzgebung ist auch das Aussetzen oder Zurücklassen eines Tieres ein sogenanntes Offizialdelikt. Dies bedeutet, dass die Tat von den zuständigen Strafbehörden von Amtes wegen untersucht werden muss, wenn entsprechende Indizien vorliegen. Polizei und Staatsanwaltschaft sind also verpflichtet, möglichen Hinweisen auf die Täterschaft sorgfältig und gewissenhaft nachzugehen.
Daran ändert auch eine «gegen unbekannte Täterschaft» eingereichte Strafanzeige nichts.
Selbst wenn die Erfolgsaussichten oftmals gering sind, einen Täter ausfindig zu machen, sollte man als Finder eines ausgesetzten oder zurückgelassenen Tieres nicht davon absehen, bei der Polizei Strafanzeige zu erstatten.
Sie können den Kalender in unserem TIR-Shop, über info@tierimrecht.org oder telefonisch unter 043 443 06 43 für 39 Franken (zuzüglich Versandkosten) bestellen.