TIR unterstützt Referendum gegen Jagdrechtsrevision
Das schweizerische Parlament hat am 19. September 2019 eine Teilrevision des Jagdrechts verabschiedet. Aus Tier- und Artenschutzsicht ist diese in vielerlei Hinsicht scharf zu kritisieren. So wurden unter anderem eine deutliche Lockerung des Wolfsschutzes und eine erhebliche Kompetenzverschiebung vom Bund zu den Kantonen beschlossen. Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR), die im Vorfeld eine umfassende Stellungnahme zum Revisionsentwurf abgegeben und sich mit einem Schreiben an den Ständerat gewandt hatte, unterstützt daher das von den Organisationen Pro Natura, WWF Schweiz, BirdLife Schweiz und Gruppe Wolf Schweiz angekündigte Referendum gegen die unausgewogene Gesetzesänderung.
23.09.2019
Kernstück der zur Diskussion stehenden Teilrevision des Jagdgesetzes stellt die Erleichterung der Bestandesregulierung gewisser geschützter Arten beziehungsweise die grundsätzliche Erhöhung des Jagddrucks dar. Im Fokus der Bestandesregulierung steht der Wolf. Neu sollen Eingriffe in den Wolfsbestand möglich sein, bevor überhaupt ein konkreter Schaden entstanden ist – und dies selbst dann, wenn vorweg noch gar keine Schutzmassnahmen gegen den drohenden Schaden getroffen worden sind.
Als Hauptargument für die vom Parlament beschlossene Lockerung des Schutzes von Wölfen wird die von ihnen ausgehende Gefahr für landwirtschaftliche Nutztiere und für den Menschen vorgebracht. Menschen gegenüber haben sich Wölfe hierzulande jedoch bis heute nie aggressiv verhalten. Zudem liegt die grösste Gefahr für die Nutztiere nicht beim Wolf, sondern vielmehr in der Nachlässigkeit ihrer Halter, die die Tiere nur unzureichend oder gar nicht kontrollieren. Ausserdem liessen sich die allermeisten Nutztierrisse durch angemessene Massnahmen, wie etwa den Einsatz von Herdenschutzhunden, verhindern. Gesetzgeberische Massnahmen zum Schutz der Nutztiere auf der Alp sollten deshalb eigentlich vielmehr deren Halter in die Pflicht nehmen. Stattdessen sieht die vom Parlament verabschiedete Gesetzesrevision nun vor, dass der Wolfsbestand bei drohender Gefahr für Nutztiere selbst dann dezimiert werden darf, wenn der betroffene Tierhalter noch keinerlei Herdenschutzmassnahmen ergriffen hat. Eine solche Regelung ist nicht nur unverhältnismässig, sondern steht zudem auch im Widerspruch zur Berner Konvention über den Artenschutz, gemäss der der Abschuss geschützter Tiere nur als letztes Mittel zulässig ist.
Höchst problematisch ist darüber hinaus auch die neu
vorgesehene Kompetenz des Bundesrats, ohne Mitsprache des Parlaments den
Abschuss
weiterer geschützter Tiere zum Zwecke der Bestandesregulierung für
zulässig zu erklären. Davon betroffen sein könnten etwa der Biber, der
Luchs oder der Graureiher.
Einen weiteren Kritikpunkt der beschlossenen Gesetzesrevision stellt
insbesondere auch die Befugnis der Kantone dar, neu ohne Zustimmung des
Bundesamts für Umwelt (BAFU) Regulierungsmassnahmen gegenüber
geschützten Tierarten zu erlassen sowie die Verkürzung von Schonzeiten
zu verfügen. Der Bund gibt dadurch wichtige Kompetenzen aus der Hand,
was Raum bietet für Rechtsunsicherheit. Das Parlament
hat es zudem verpasst, Jagdformen ausdrücklich zu verbieten, die dem
Tierschutzgesetz zuwiderlaufen, wie dies etwa bei der tierquälerischen
Baujagd der Fall ist. Die TIR kritisiert diese Jagdform schon seit
vielen Jahren und hat 2012 in ihrer Buchreihe "Schriften zum Tier im
Recht" ein Gutachten zum Thema "Baujagd unter dem Aspekt des Tierschutz-
und Jagdrechts" publiziert (Band 10). Darin kommt sie zum Schluss, dass
es sich bei dieser Jagdmethode um eine klare Tierquälerei im Sinne des
Tierschutzgesetzes handelt.
Die TIR unterstützt daher das von
Pro Natura, WWF Schweiz, BirdLife Schweiz und der Gruppe Wolf Schweiz
ergriffene Referendum. Die Unterschriftensammlung startet
voraussichtlich am 8. Oktober. Kommen die notwendigen 50'000
Unterschriften zusammen, wird letztlich das Volk darüber entscheiden,
wie in Zukunft mit Wolf, Biber, Luchs und Co. in der Schweiz umgegangen
werden soll. Die TIR ruft die Bevölkerung dazu auf, das Referendum zu
unterzeichnen und die Revision an der Urne abzulehnen.