Bezirksgericht Dielsdorf verurteilt Tierquäler zu 18 Monaten bedingter Freiheitsstrafe
Das Bezirksgericht Dielsdorf hat am Mittwoch, 15. November 2017 einen 34-jährigen Mann wegen mehrfacher vorsätzlicher Tierquälerei verurteilt. Der Beschuldigte hatte im Zeitraum zwischen März 2013 und Januar 2016 wiederholt mutwillig mit Gewalt auf sieben Katzen eingewirkt, so dass diese verstarben oder eingeschläfert werden mussten. Auslöser des Verfahrens war eine Meldung durch die behandelnde Tierärztin an die zuständige Veterinärbehörde.
17.11.2017
Der Angeschuldigte beteuerte während der Gerichtsverhandlung seine Unschuld, wollte sich auf Anraten seines Anwalts zur Sache jedoch nicht äussern. Der Staatsanwalt stellte klar, dass bei unzureichendem Untersuchungsergebnis keine Anklage seitens der Staatsanwaltschaft erhoben worden wäre und diese keinerlei Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten hege. Ausserdem wiege das Verschulden des Angeklagten sehr schwer, da die völlig grundlose Zufügung erheblicher Schmerzen und damit die reine Freude an Qualen eine Geringschätzung des Lebens und der Würde der Tiere aufzeige. Bei Menschen wären dieselben Taten als mehrfacher Mord im Sinne des Strafgesetzbuches zu qualifizieren, wofür der Täter mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu rechnen hätte.
Das Gericht
stellte in der mündlichen Urteilsbegründung denn auch zutreffend fest,
dass angesichts der Häufung entsprechender Vorfälle innert eines
verhältnismässig kurzen Zeitraums ein Zufall schlicht ausgeschlossen
werden müsse, insbesondere da auch niemand anderes als der Beschuldigte
und seine Partnerin Zugang zu den Wohnungskatzen hatten. Vor diesem
Hintergrund drängt sich jedoch die Frage auf, weshalb die
Staatsanwaltschaft die Anklage gegen die Partnerin des Beschuldigten
fallen gelassen hat. Mit der Begründung, sie habe bereits vor dem
Kennenlernen des Beschuldigten mehrere Katzen gehalten, die ein normales
Alter erreicht hätten und ohne dass dabei ein tierquälerisches
Verhalten festgestellt worden wäre, wurde sie von der Staatsanwaltschaft
und vom Gericht als mögliche Täterin ausgeschlossen.
Angesichts der Tatsache, dass der Verurteilte sieben Katzen im gemeinsamen Haushalt zu Tode gequält hat, ist es allerdings nur schwer nachzuvollziehen, dass die Lebensgefährtin von den Tierquälereien keine Notiz nehmen konnte. Dabei ist zu beachten, dass die Katzen alle in zeitlich kurz aufeinanderfolgenden Abständen vom Beschuldigten oder seiner Partnerin aufgrund schwerer Verletzungen zum Tierarzt gebracht und erfolgreich behandelt wurden, woraufhin sie dann zu Hause plötzlich verstarben. Gemäss den Vorgaben der Tierschutzgesetzgebung traf sie als Tierhalterin die Pflicht, den Bedürfnissen ihrer Tiere in bestmöglicher Weise Rechnung zu tragen und für ihr Wohlergehen zu sorgen. Insofern hatte sie eine Garantenstellung inne, wonach sie gegebenenfalls für vorsätzlich oder fahrlässig begangene Tierquälerei durch pflichtwidriges Untätigbleiben zu
Im Weiteren machte der Staatsanwalt in seiner Anklageschrift darauf aufmerksam, dass das Aussageverhalten des Täters als gefühlskalt zu beschreiben sei und er offensichtlich Freude am Zufügen von Qualen empfände. Auch das Gericht ging in seiner mündlichen Begründung bei der Bewertung der subjektiven Tatschwere von einem sadistischen Motiv des Täters aus. Entsprechend ist es als äusserst bedenklich zu werten, dass Staatsanwaltschaft und Gericht trotz dieser Einschätzung eine Rückfallgefahr verneinten. Der Täter zeigte durch die siebenfache Begehung derselben Straftat eindrücklich auf, dass er zu sadistischem Verhalten neigt und es ihm aus eigenem Antrieb während einer Zeitspanne von drei Jahren nicht gelungen ist, diese Verhaltensstörung unter Kontrolle zu kriegen. Aus Sicht der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) wäre die Freiheitsstrafe aufgrund der Rückfallgefahr unbedingt auszusprechen gewesen.
Bei einer derartigen Grausamkeit und ausserordentlich hohen Zahl an Wiederholungstaten ist überdies nicht nachvollziehbar, warum die Staatsanwaltschaft auf das Einholen eines Persönlichkeitsgutachtens des Täters zur Prüfung allfälliger Massnahmen verzichtet hat. Denn das sadistische Quälen von Tieren kann durchaus als ein Indikator für die spätere Gewaltanwendung an Menschen angesehen werden.
Ebenso ist nicht einzusehen, weshalb das Gericht – nachdem der Staatsanwalt und der Richter während der Verhandlung einstimmig und mehrfach betonten, wie verwerflich die siebenfach begangene Tat und das Tatmotiv seien – die objektive Strafschwere nur als mittelschwer qualifizierte und darauf basierend nur eine bedingte Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren aussprach. Bei mehrfach begangener Tierquälerei besteht ein höchstmögliches Strafmass von viereinhalb Jahren unbedingter Freiheitsstrafe. Zudem lagen laut Gericht und Staatsanwaltschaft keine Strafmilderungsgründe vor. Verwerflicher als das Zu-Tode-Quälen von sieben Jungtieren, die dem Täter völlig ausgeliefert waren, kann eine Tat kaum mehr sein.
Die TIR erachtet bereits den gesetzlichen Strafrahmen als unzureichend. Derart drastische Fälle von Tierquälerei sind deutlich höher zu bestrafen und als Verbrechen – statt wie heute nur als Vergehen mit entsprechend niedrigerem Strafmass – zu qualifizieren. Wenigstens aber sollte der geltende gesetzliche Rahmen seitens der Staatsanwaltschaften und Gerichte ausgeschöpft werden. Auch wenn im vorliegenden Fall ein Urteil gesprochen wurde, das den schweizerischen Sanktionsdurchschnitt bei der Verurteilung von Tierquälerei bei Weitem übersteigt (siehe Zusammenfassung Schweizer Tierschutzstrafpraxis 2016), wird exemplarisch ersichtlich, wie Straftaten an Tieren nach wie vor von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden bagatellisiert werden.
Zu fragen bleibt, inwiefern der Täter künftig Zugang zu Tieren haben wird. Die TIR bittet die kantonale Veterinärbehörde, entsprechende verwaltungsrechtliche Massnahmen, insbesondere ein generelles Tierhalteverbot, beim Täter und seiner Lebensgefährtin zu prüfen, um künftiges Tierleid zu verhindern.