Fischabstieg an Flusskraftwerken – Turbinen werden zur Todesfalle für Fische
Wasserkraftanlagen können die Wanderung von Fischen stark beeinträchtigen. Insbesondere der Weg flussabwärts ist häufig nicht sichergestellt und endet für zahlreiche Fische mit einem qualvollen Tod. Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) fordert von den Verantwortlichen, die Fischgängigkeit in den Schweizer Flüssen durch geeignete Massnahmen konsequent und zügig herzustellen.
20.03.2017
Fliessgewässer bilden verschiedene Lebensräume für eine Vielzahl von Arten, die je nach Lebensstadium unterschiedliche Bedingungen zum Leben benötigen. Wasserkraftwerke stellen jedoch eine künstliche Barriere dar, die die Wanderung von Fischen erheblich beeinflussen. Schwer betroffen ist der Aal, der auf seinem Weg ins Meer mehrere Flusskraftwerke am Rhein passieren muss und dabei häufig in die Turbinen der Anlagen gerät. Schätzungen gehen davon aus, dass nur zehn Prozent der abwandernden Aale überhaupt in Basel ankommen.
Während der Aal hauptsächlich im Süsswasser lebt, wandert er zum Laichen ins Sargasso-Meer und ist daher auf durchgängige Wege angewiesen. Allein bis Basel muss er jedoch elf Kraftwerke am Rhein passieren. Gerade für den Aal ist dies mit besonderen Gefahren verbunden. Fische lassen sich beim Abstieg oftmals von der Strömung leiten und geraten so in die Turbinen. Aale werden dabei aufgrund ihrer Länge besonders häufig von den Schaufeln der Turbinen erfasst und dabei in vielen Fällen getötet oder so schwer verletzt, dass sie letztlich qualvoll verenden (siehe Sendung "Kassensturz" vom 31.01.2017).
Die Kantone sind seit 2011 gesetzlich verpflichtet, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um ökologische Beeinträchtigungen, die durch die Nutzung von Wasserkraft entstehen, zu beseitigen – wozu auch die Beeinträchtigung der Fischwanderungen gehört. Bis spätestens 2030 haben die Inhaber von Wasserkraftanlagen die freie Fischwanderung sicherzustellen. Bestehende Anlagen müssen daher auf Anordnung der Behörden entsprechend saniert werden. Die Inhaber von Wasserkraftanlagen werden hierfür vollständig entschädigt. Während für den Fischaufstieg verschiedentlich Lösungen gefunden wurden, stellt der Fischabstieg jedoch
weiterhin ein erhebliches Problem dar. Insbesondere für grosse
Anlagen besteht nach Aussagen des Bundesamts für Umwelt (BAFU) in
verschiedenen Medien noch erheblicher Forschungsbedarf.
Neben den gravierenden ökologischen Problemen bedeutet die aktuelle
Situation auch ein massives Tierschutzproblem. Fische sind empfindungs-
und leidensfähige Wesen. Neue wissenschaftliche Studien bestätigen, dass
das Schmerzempfinden von Fischen durchaus mit jenem anderer Wirbeltiere
verglichen werden kann. Die TIR fordert daher, dass mögliche technische
Massnahmen zur Sicherstellung der Fischgängigkeit zügig umgesetzt werden
und intensiv nach weiteren Lösungen geforscht wird.
Um das
qualvolle Sterben zu verhindern sind nötigenfalls auch Effizienzverluste
bei den Anlagenbetreibern in Kauf zu nehmen. Forschungsprojekte dürfen
sich somit nicht allein auf Lösungen beschränken, die ohne finanzielle
Einbussen auskommen, vielmehr ist zu prüfen, ob die Situation etwa durch
eine geringere Durchflussgeschwindigkeit entschärft werden kann.
Der Tierschutz stellt seit der Aufnahme in die Bundesverfassung ein eigenes Verfassungsprinzip dar und ist als öffentliches Interesse anerkannt, dem derselbe Stellenwert zukommt wie allen übrigen Staatszielen. Wirtschaftliche Interessen allein können damit Eingriffe in vitale tierliche Interessen nicht rechtfertigen. Der Tierschutz darf nicht automatisch hinter Wirtschaftlichkeitsüberlegungen zurückstehen. Für dieses Ziel setzt sich die TIR seit Jahren hartnäckig und mit grossem Engagement auf politischer Ebene ein.