TIR unterstützt Volksinitiative zum Schutz von Wolf, Bär und Luchs
Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) begrüsst die im Juni 2012 ins Leben gerufene Eidgenössische Volksinitiative "Für den Schutz der Grossraubtiere (Bär, Wolf und Luchs)". Sie setzt sich für realistische und respektvolle Lösungen bei Konflikten mit Wildtieren ein.
16.08.2013
In den letzten Wochen ist mit dem Gomser Wolf die Diskussion um den Schutz von Wölfen in der Schweiz wieder stark in den medialen und politischen Fokus gerückt. Bereits im Mai 2012 hat der Bundesrat infolge einer Motion des Ständerats Jean-René Fournier (CVP/VS) einen Entwurf zur Änderung von Art. 22 des Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention) eingereicht, um den Schutz der Grossraubtiere zu lockern und die Jagd auf Wölfe in der Schweiz zu legalisieren. Dieser Lockerung versucht die Volksinitiative "Für den Schutz der Grossraubtiere (Bär, Wolf und Luchs)" entgegenzuwirken.
Gemäss Art. 22 der Berner Konvention können Unterzeichnerstaaten im Zeitpunkt der Ratifikation Vorbehalte hinsichtlich des Schutzes bestimmter Arten anbringen, um statt der Berner Konvention nationales Recht zur Anwendung zu bringen. Damit ist es dem Unterzeichnerstaat unter Umständen möglich, Massnahmen zu ergreifen, die dem Zweck der Berner Konvention zuwiderlaufen. Für den Wolf hat es die Schweiz bei der Ratifikation im Jahr 1989 unterlassen, einen solchen Vorbehalt anzubringen. Deshalb hätte die Schweiz über eine Änderung des Artikels 22 nachträglich in die Lage versetzt werden sollen, einen Vorbehalt anzubringen, damit der Wolf hierzulande gejagt werden darf. Diese Änderung wurde durch den Ständigen Ausschuss der Berner Konvention im November 2012 abgelehnt.
Im Einklang mit der Motion Fournier werden nun vermehrt Stimmen laut, die einen Austritt aus der Berner Konvention fordern, um anschliessend einen Wiedereintritt mit Vorbehalt anzustreben. Die Befürworter bringen dabei vor, unter dem Wolf hätten insbesondere Nutztierbestände und der Tourismus zu leiden.
Ein solches Vorgehen wäre nicht nur juristisch unzulässig, sondern würde der Schweiz auch politisch gesehen schaden. So hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme zur Motion Fournier ausgeführt: "[…] Auf der einen Seite würde ein Austritt der Schweiz aus der Berner Konvention gefolgt von einem Wiedereintreten gegen Treu und Glauben verstossen (Artikel 26 und Artikel 31 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge; SR 0.111), andererseits würde er von den anderen Ländern nicht gebilligt. [...] [Die] Schweiz würde neben der Glaubwürdigkeit auch die Basis für zahlreiche Artenschutzbestimmungen in der Bundesgesetzgebung verlieren. Eine Kündigung der Berner Konvention zur Regulierung einer einzelnen Art ist im Übrigen unverhältnismässig."
Rational betrachtet haben die Motion Fournier und die zur Lockerung des
Schutzes der Grossraubtiere vorgebrachten Argumente zudem keine
sachliche Grundlage. So leiden die Nutztierbestände viel stärker unter
Unfällen und Krankheiten als unter den Raubtieren.
Jährlich verunglücken
oder erkranken 10.000 Nutztiere, nur gerade 200 bis 300 Tiere werden
durch Grossraubtiere gerissen, was 2 bis 3 Prozent der jährlichen
Todesfälle auf Weiden ausmacht.
Dabei könnten die Nutztierherden
durch Überwachungs- und Schutzmassnahmen deutlich effektiver geschützt
werden als durch eine Legalisierung der Jagd auf den Wolf – nicht nur
vor den Grossraubtieren, sondern auch zur Vermeidung von Todesfällen
durch Unfall oder Krankheit. Solche Massnahmen könnten zudem auch auf
eine Verbesserung der Haltungsbedingungen hinwirken. Grossraubtiere
besitzen ausserdem eine enorme Anziehungskraft, sodass der Tourismus
durch das Vorkommen solcher Populationen eher gestärkt als geschwächt
wird. Nicht zuletzt regulieren die Grossraubtiere auch die
Wildtierbestände auf natürliche Art und Weise und erhalten so deren
Gesundheit.
Die Eidgenössische Volksinitiative setzt sich deshalb für eine Änderung
der Bundesverfassung ein, die die Grossräuber Wolf, Bär und Luchs vor
einer Bejagung schützt. Der genaue Wortlaut der vorgeschlagenen
Änderung, Unterschriftenlisten und weitere Informationen zur
Volksinitiative sind unter http://www.profauna.ch einsehbar und können
heruntergeladen werden. Die Unterschriftensammlung läuft noch bis zum
19. Dezember 2013.
Aus Sicht der TIR ist das Anliegen der
Initianten durchaus berechtigt, weshalb sie die Unterschriftensammlung
unterstützt. Zwar weisen wir darauf hin, dass die angestrebte
Strafbestimmung (Art. 79 Abs. 5 BV neu) rechtssystematisch nicht in die
Bundesverfassung, sondern in das darauf beruhende Gesetz gehört. Dieser
Mangel im Wortlaut führt jedoch nicht zur Ungültigkeit und steht einer
Umsetzung der Initiative deshalb nicht im Weg.