Parlamentarischer Vorstoss von Daniel Jositsch zur ethologischen Prüfung von Fischzuchtanlagen
In seiner Anfrage vom 26. September 2012 unterbreitet Nationalrat Daniel Jositsch (SP/ZH) dem Bundesrat einen konkreten Vorschlag für eine künftige Prüfung neuer Fischzuchtanlagen unter ethologischen Kriterien. Die fachlichen und rechtlichen Grundlagen hierzu wurden vom Verein fair-fish und der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) erarbeitet.
05.10.2012
Fischen wird aufgrund des geringen Wissens über sie und ihrer beschränkten Ausdrucksmög-lichkeiten generell wenig Sympathie entgegengebracht. Dabei handelt es sich um empfindungs- und leidensfähige Lebewesen, weshalb sie konsequenterweise auch vom Geltungsbereich der Tierschutzgesetzgebung umfasst sind.
Die steigende Nachfrage nach zum Verzehr bestimmtem Fisch und die prekäre Situation beim Wildfang lassen die Aquakultur auch in der Schweiz rasant wachsen. Neben kleineren Fischzuchtbetrieben gibt es bereits auch einige grosse industrielle Komplexe in Hallen mit geschlossenem Kreislauf, von denen noch weitere in Planung sind. Insgesamt betrifft die schweizerische Speisefischzucht gegen 10 Millionen Tiere.
Aus ökonomischen Gründen tendiert die Fischindustrie zu Massentierhaltung in Systemen, die das Ausleben der arteigenen Bedürfnisse und Verhaltensweisen weitgehend unterbinden. Monotonie, hohe Besatzdichten und fehlende Rückzugsmöglichkeiten fördern das Krankheits- und Verletzungsrisiko sowie den Stress der Fische und führen zu einer erhöhten Sterblichkeitsrate. Tierschutzaspekte sind gemäss geltender Tierschutzverordnung vorwiegend hinsichtlich verbotener Handlungen, Transport und Tötung zu beachten. In Bezug auf den gesamten Lebenszyklus der Tiere (Zucht und Haltung) fehlen Richtwerte und wissenschaftliche Grundlagen zur Überprüfung einer artgerechten Haltung weitgehend.
Eine artwidrige Haltung der Fische verletzt diverse Grundsätze der Tierschutzgesetzgebung, ist in der Praxis aus Praktikabilitätsgründen jedoch weit verbreitet und wird aufgrund fehlender konkreter Ausführungsbestimmungen auch nicht geahndet.
Strafrechtsprofessor und Nationalrat Daniel Jositsch unterbreitet dem
Bundesrat in seinem Vorstoss (Anfrage 12.1089) deshalb spezifische
Fragen zur Fischzucht und schlägt für künftige Bewilligungen
entsprechender Anlagen eine individuelle ethologische Prüfung vor, um
eine artgemässe Haltung von Zuchtfischen weitestmöglich sicherzustellen.
Der
Vorschlag geht auf Vorarbeiten des Vereins fair-fish und der TIR
zurück. Verglichen mit anderen Tierarten, die zur Fleischgewinnung
gehalten werden, ist über Fische nur wenig bekannt. Es ist daher kaum
möglich, für sämtliche Fischarten – die sich hinsichtlich ihrer
Bedürfnisse teilweise erheblich unterscheiden – laufend neue spezifische
Kriterien in der Tierschutzverordnung festzulegen. Eine individuelle
Prüfung jeder Anlage, die sich nach dem jeweiligen Forschungsstand
richtet, ist daher eine angemessene Lösung, um Fischen zumindest ein
Minimalmass an Lebensqualität zu gewähren.