Eklat in der Zürcher Tierversuchskommission - TIR sieht Unabhängigkeit des Gremiums in Gefahr
Der Präsident der Zürcher Tierversuchskommission, Prof. Klaus Peter Rippe, hat mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt erklärt. Grund hierfür ist das neue Auswahlverfahren zur Besetzung des Gremiums, das deren Unabhängigkeit gefährdet.
18.03.2011
Die Tierversuchskommission des Kantons Zürich umfasst elf Sitze, von denen gemäss kantonalem Tierschutzgesetz drei den Tierschutzverbänden vorbehalten sind. Einer wird traditionell von der Gesellschaft Zürcher Tierärzte GZT belegt. Für die Besetzung der übrigen sieben Posten sind die Universität Zürich und die ETH angemessen zu berücksichtigen. Vor der alle vier Jahre stattfindenden Gesamterneuerung des Gremiums sind die einzelnen Institute oder Fakultäten bislang direkt kontaktiert und die bisherigen Mitglieder angefragt worden, ob sie ihr Engagement in der Kommission weiterführen wollten. Für die anstehende Neubestellung der Zürcher Tierversuchskommission im Juli 2011 wurden nun aber der Prorektor Medizin und Naturwissenschaften der Universität Zürich und der Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH vom kantonalen Veterinäramt sozusagen pauschal dazu eingeladen, dem Regierungsrat Wahlvorschläge für die sieben Sitze zu unterbreiten.
Für den langjährigen Kommissionspräsidenten Prof. Klaus Peter Rippe bedeutet dies eine grosse Gefahr für die Unabhängigkeit des Gremiums. Seiner Ansicht nach wird somit die Entscheidung, ob ein Mitglied genehm ist, den Rektoraten überlassen. Dies deute darauf hin, dass die Kommission nicht mehr länger "einen angemessenen Proporz gesellschaftlicher Gruppen widerspiegeln soll und dass die vom Recht verlangte unparteiische Güterabwägung nicht erwünscht ist". Rippe hegt die Befürchtung, dass aus dem bisherigen Fachgremium eine Interessenvertretung wird, und vermutet, dass "die kantonale Tierversuchskommission in einen sicheren Hafen geleitet werden soll, wo sie nicht mehr aneckt." Aus diesen Gründen hat er seinen sofortigen Rücktritt aus der Kommission erklärt.
Hintergrund der Geschehnisse ist die heftige Kritik von Seite der Forschung an der Kommission und an Klaus Peter Rippe persönlich wegen zweier Bundesgerichtsentscheide vom Oktober 2009, an denen auch die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) wesentlich beteiligt war (Newsmeldung vom 13. Oktober 2009).
Das Bundesgericht hatte damals festgehalten, dass zwei ursprünglich vom
kantonalen Veterinäramt bewilligte Primatenversuche am Institut für
Neuroinformatik definitiv nicht durchgeführt werden dürfen. Es kam zum
Schluss, dass der zu erwartende Nutzen der Versuche die Belastung der
Tiere nicht aufwiegen könne, insbesondere auch vor dem Hintergrund des
Schutzes der Tierwürde. Für die Forschergemeinschaft war die
Tierversuchskommission die "Hauptschuldige" an diesen Urteilen, da sie
gegen die vom kantonalen Veterinäramt erteilten Bewilligungen Rekurs
einlegte. Die Beschwerden wurden daraufhin von sämtlichen Instanzen
gutgeheissen.
Die TIR, die seit vielen Jahren Einsitz in der
Tierversuchskommission hat, teilt die Auffassung von Klaus Peter Rippe,
dass das neue Auswahlverfahren eine grosse Gefahr für die Unabhängigkeit
der Kommission darstellt, die für deren Funktion von essentieller
Wichtigkeit ist. Die TIR kann den Entschluss Rippes daher
nachvollziehen, bedauert sein Ausscheiden aus der Kommission aber
dennoch sehr, da er sein Amt stets ausgewogen und objektiv ausgeübt hat
und in der bei Tierversuchen durchzuführenden Güterabwägung immer auch
der Tierschutzseite ein angemessenes Gewicht eingeräumt hat.