Bundesgericht bestätigt Urteil wegen mehrfacher Tierquälerei an Katzen
Erstmals überhaupt hat sich das Bundesgericht zum Tatbestand der Vernachlässigung nach Art. 26 Abs. 1 lit. a des Tierschutzgesetzes (TSchG) geäussert. Ein Ehepaar hatte einen Schuldspruch des Aargauer Obergerichts wegen mehrfacher Tierquälerei an die höchste Instanz weitergezogen. Diese hat die Beschwerde nun abgewiesen und das kantonale Urteil bestätigt. Die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) begrüsst die Schaffung wichtiger Präjudizien in Tierschutzstraffällen durch höchstrichterliche Entscheide sehr.
11.03.2011
Im Februar 2009 wurden anlässlich einer Kontrolle das Aargauer Veterinärdienstes in der Liegenschaft der beiden verurteilten Ehepartner 60 zum Teil kranke Katzen in schmutzigen und nicht gelüfteten Räumen vorgefunden. Die Katzentoiletten waren derart verdreckt, dass sich die Tiere nicht mehr ausreichend versäubern konnten. Zudem war ihr empfindlicher Geruchssinn durch die mangelhafte Lüftung und den starken Uringeruch massiv beeinträchtigt.
Eine Katze litt an einer eitrigen Ohrenentzündung, andere wiesen Haarknoten, starken Zahnstein, Zahnfleisch- oder Bindehautentzündungen auf und waren teilweise stark abgemagert. Einige Tiere waren in Gartenschuppen untergebracht, die den gesetzlichen Mindestanforderungen an Fläche und Beleuchtung nicht genügten. Zwei Katzen wurden sogar vollständig im Dunkeln gehalten.
Die Tat fällt unter den Tierquälerei-Tatbestand der Vernachlässigung nach Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG. Weil der Vernachlässigungsbegriff weder im Tierschutzgesetz selbst noch in den Materialien genau definiert wird, ist hierfür Art. 6 Abs. 1 TSchG heranzuziehen. Dieser verpflichtet jeden, der ein Tier hält oder betreut, es angemessen zu nähren, zu pflegen und ihm die für sein Wohlergehen notwendige Beschäftigung und Bewegungsfreiheit sowie soweit nötig Unterkunft zu gewähren. Wer diese grundlegenden Handlungen nicht vornimmt, vernachlässigt sein Tier im Sinne von Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG.
Den Einwand des Ehemannes, dass er mit der Pflege der Katzen nichts zu
tun gehabt habe und allein seine Frau hierfür verantwortlich gewesen
sei, liess das Bundesgericht nicht gelten. Es wies zu Recht darauf hin,
dass die Tierhalterpflichten von Art. 6 Abs. 1 TSchG sowohl für den
Halter als auch für den Betreuer von Tieren gelten. Der Kreis der
Personen, die für das Wohlergehen eines Tieres zu sorgen haben, ist
daher weit zu fassen. Die von der Vorinstanz ausgesprochenen bedingten
Geldstrafen wegen mehrfacher Tierquälerei von je 90 Tagessätzen à 40
Franken, kombiniert mit einer Busse von jeweils 500 Franken, wurden
daher für beide Verurteilten bestätigt.
Tierschutzrechtsfälle
wurden bislang nur sehr selten bis vor Bundesgericht gezogen, weshalb
entsprechende Präjudizien leider rar sind. Die höchste Schweizer Instanz
hat sich erst dreimal mit Fällen von Tierquälerei befasst, wobei zwei
Entscheide noch aus der Zeit vor Inkraftsetzung der
Tierschutzgesetzgebung (1981) stammen und sich auf Art. 264 aStGB
beziehen (BGE 86 IV 25 sowie BGE 85 IV 24). In einem Urteil vom 26.
Februar 2010 (6B_711/2009) beschäftigte sich das Bundesgericht ausserdem
mit der Misshandlung eines Jungpferdes. Die TIR begrüsst das nun
vorliegende Katzen-Urteil nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch
darum, weil derart klare höchstrichterliche Entscheidungen für die
Weiterentwicklung und praktische Durchsetzung des Tierschutzstrafrechts
von grundlegender Bedeutung sind. Das vollständige Urteil 6B-660/2010 finden Sie hier.